5 Erkenntnisse, die ich beim Stricken hatte

Zwischen beruflichen Projekten, Vereinbarkeits-Struggle, Hausbau und tausend Terminen ist das Stricken zu meiner sicheren Insel der Ruhe und Entspannung geworden. Wenn die Holznadeln leise klackern, der Garnfaden sanft über meinen Finger gleitet und ein neues Strickstück wächst, kann ich zuverlässig meine Gedanken auf „stumm“ schalten, die Herausforderungen des Alltags für einen Moment vergessen und die tausend To-dos im Kopf neu ordnen. Nicht selten komme ich dabei zu Erkenntnissen, die für mich beinahe schon das Prädikat „lebensverändernd“ verdient haben. Hier kommen fünf davon:

#1 Es ist nie zu spät, etwas Neues zu lernen

Ich erinnere mich noch gut an diese Party in Erfurt vor ein paar Jahren. Eine alte Schulfreundin hatte geladen und so kam es, dass auch ein paar andere Leute aus meiner Schulzeit da waren. Beim Plaudern mit einer Klassenkameradin kamen wir irgendwann auf das Thema Stricken zu sprechen. Ich meinte, dass ich voll Lust hätte, es zu lernen und sie bot mir kurzerhand ihre Hilfe an. Ein paar Tage später trafen wir uns erst in einem Erfurter Wolleladen und begannen im Anschluss bei mir zuhause mit der ersten Übungseinheit. Und siehe da: Ich stellte mich gar nicht mal so blöd an!

Ich finde es schade, dass wir im Erwachsenenalter nur noch so selten etwas Neues lernen – erst recht, seitdem ich bei meinen Töchtern beobachten kann, mit wie viel Stolz, Freude und Motivation diese Prozesse verbunden sind. Warum also tun wir „Großen“ uns so schwer damit?

Weil im Alltag natürlich oft die Zeit für solche „Extras“ fehlt, möchte ich mich nicht dazu hinreißen lassen, beispielsweise alle drei Monate etwas Neues zu lernen – das wäre utopisch. Doch vielleicht bekomme ich es zukünftig einmal im Jahr hin. Auf meiner Wunschliste stehen aktuell:

  • Töpfern
  • eine Fremdsprache, am liebsten Spanisch
  • ein Instrument, am liebsten Ukulele

#2 Der Schein kann trüben

Kommen wir nochmal zurück zu meiner Klassenkameradin, die mir das Stricken beigebracht hat. Ich weiß noch genau, wie wir auf meinem Sofa saßen, sie mir rechte und linke Maschen erklärte und ich dann ungläubig feststellte: „Und das ist alles?!“

Zu meiner großen Überraschung lautete die Antwort: Ja, zumindest im Wesentlichen. Natürlich gibt es noch so Sachen wie Maschen anschlagen, Zu- und Abnahmen, spezielle Techniken bei bestimmten Stickmustern und das Abketten – doch im Großen und Ganzen basiert Stricken auf genau zwei Dingen: rechten Maschen und linken Maschen.

Als ich das verstanden hatte, wurde mir schlagartig klar, dass selbst hochkompliziert wirkende Strickmuster machbar für mich sind – ich muss mich nur trauen (und endlich lernen, Strickanleitungen zu lesen).

Ironischerweise habe ich jedoch auch schon festgestellt, dass beim Stricken oft auch das blanke Gegenteil der Fall ist: Als ich vor ein paar Wochen den „Sophie Shawl“ von PetiteKnit begonnen habe, freute ich mich darüber, wie einfach er zu stricken ist. Doch schon zu Beginn haute ich ein paar dämliche Fehler in das Strickstück, die ich leider zu spät bemerkt hatte.

Als mir dann die Wolle ausging und ich keine nachkaufen konnte, nahm die Katastrophe schließlich ihren Lauf, sodass ich mehr als die Hälfte des Schals wieder auftrennen musste und er seitdem unberührt in seinem Projekt-Beutel liegt. (Update: Inzwischen habe ich mich wieder herangetraut, nochmal eins, zwei Fehler gemacht und bin nun auf der Zielgerade :D)

#3 Manchmal muss man Rückschritte in Kauf nehmen, um vorwärts zu kommen

Im Zuge dieses Prozesses kam mir ein weiterer Gedanke, den ich nun gern mit dir teilen möchte: Beim Stricken muss man relativ oft ein paar Schritte zurück gehen (aka. Reihen wieder auftrennen), um voranzukommen. Ich möchte diesen Impuls gern mit in meinen Alltag nehmen und mich immer dann daran erinnern, wenn ich in einer Situation feststecke und scheinbar nicht weiterkomme – sei sie nun beruflicher oder privater Natur.

#4 Geduld kann man lernen

Ich bin ein extrem impulsiver Mensch, der schon so manches Mal sein Strickstück in die Ecke gepfeffert hat, wenn etwas nicht sofort klappen wollte (Zopfen ist mein Endgegner!). Aber ich stelle auch fest: Ich werde mit jedem Projekt geduldiger und trainiere durch’s Stricken (unbewusst) meine Impulskontrolle. Darüber bin ich sehr froh. Denn so wichtig mir mein Temperament als Charaktereigenschaft auch ist – in vielen Situationen möchte ich es besser im Griff haben, um besonnener handeln zu können.

#5 Es ist okay, wenn man mehrere Anläufe braucht

Eng mit der vorherigen Erkenntnis verbunden ist auch diese hier: Es ist absolut okay, wenn etwas nicht beim ersten Mal funktioniert oder ich damit nicht zufrieden bin. Ich kann einfach kurz durchatmen, mich sammeln und es erneut versuchen! Auch das ist einer dieser Denkanstöße, die mir zwar beim Stricken kamen, die ich aber ganz hervorragend und quasi 1:1 auf meinen (Job-)Alltag übertragen kann.

Ich bin unendlich froh darüber, dass ich auf dieser Party damals die ehemalige Klassenkameradin getroffen habe und sie mir das Stricken beigebracht hat. Denn ganz unabhängig von den Erkenntnissen, die mir hierbei kommen, tut mir die Handarbeit in so vielen Situationen einfach nur gut. Warum genau ich jeder und jedem von euch empfehlen kann, mit dem Stricken zu beginnen, ist allerdings genug Stoff für einen weiteren Blogbeitrag. Stay tuned 😉