Minimalismus im Kleiderschrank ♡ 10 Teile in 10 Tagen

Seitdem ich mich mit dem Thema „nachhaltiger Modekonsum“ auseinandersetze, frage ich mich jedes Mal ganz genau, ob ich ein Kleidungsstück auch wirklich brauche, ehe ich es kaufe. Trotz dieser Selektion (und diverser Ausmist-Orgien) ist mein Kleiderschrank gut gefüllt. Ich gebe zu: So konsequent wie viele Minimalisten kann ich (bisher) nicht sein. Ich brauche meine sechs sieben geblümten Kleider, 10 verschiedene Strumpfhosen (die doch zum größten Teil schwarz sind) und natürlich Stirnbänder in allen Variationen.

Um trotzdem mal ein Gespür dafür zu bekommen, wie es ist, mit einem minimalistischen Kleiderschrank zu leben (oder zumindest auszukommen), habe ich vor ein paar Wochen ein kleines Experiment (oder wie man im Instagram-Jargon gern sagt: eine Challenge) gewagt. Inspiriert wurde ich durch @trend.detox, die ihre Follower virtuell an ihrer persönlichen #10x10challenge hat teilhaben lassen (checkt hierfür ihr Story-Highlight). Aber da nur zugucken allein nicht fetzt, rief sie ihre Gefolgschaft auf, ebenfalls mitzumachen und zehn Tage lang nur zehn verschiedene Kleidungsstücke zu tragen.

Die Regeln der #10x10challenge

Ich war sofort angefixt. Doch weil ich ein wenig mehr Vorbereitungszeit brauchte, habe ich mich etwas zeitversetzt in das modische Abenteuer gestürzt. Trotzdem habe ich mich an Regines „Regeln“ für die Challenge gehalten, die wie folgt lauten:


1. Suche dir zehn Kleidungsstücke aus, die gut miteinander kombiniert werden können
2. Trage zehn Tage lang ausschließlich diese zehn Kleidungsstücke
3. Es ist erlaubt, Outfits zu wiederholen. Besser ist es aber, so viele verschiedene Kombinationen wie möglich zu finden
4. Zu den zehn Kleidungsstücken gehört normale Kleidung inkl. Schuhen und Jacken oder Mänteln
5. Strümpfe, Unterwäsche, Sportbekleidung, Accessoires und Schmuck zählen nicht dazu


Zusätzliche Herausforderungen für mich

Die Regeln der Challenge erschienen mir durchaus „machbar“. Mir wurde aber auch schnell bewusst, dass die zehn Tage für mich zusätzliche Herausforderungen bereithalten werden.

Ich stille mein Kind. Darum ist meine Garderobe gerade generell am meisten daran ausgerichtet, möglichst schnell und einfach „blankziehen“ zu können. Natürlich ist das total okay für mich. Doch bedeutet es auch, dass so manches heißgeliebte Teil (das einem radikalen Minimalismus-Umbruch nie zum Opfer fallen würde) nun schon seit etlichen Monaten im Kleiderschrank versauert und auf sein Comeback wartet.

Hinzu kommt außerdem, dass mein Kind nach dem Stillen (sagen wir mal) hin und wieder Probleme hat, alles bei sich zu behalten. So kommt es an „schlechten“ Tagen vor, dass ich zumindest mein Oberteil mehrere Male wechseln muss… Ein waschechtes Problem, wenn ich nur eine stark limitierte Auswahl an Pullovern und Shirts zur Verfügung habe.

Doch trotz dieser „Stolpersteine“ war ich fest davon überzeugt, das Experiment im Rahmen seiner Regeln durchzuziehen. Aber warum eigentlich?

Wozu das Ganze?

Ich bin fest davon überzeugt, dass eine minimalistische Garderobe mit einer überschaubaren Menge an Kleidungsstücken nur Vorteile mit sich bringt. Doch weil ich mich bis jetzt noch nicht von vielen Teilen trennen konnte, fand ich die Idee der „Light Version“ (oder „modischer Minimalismus auf Zeit“) extrem reizvoll.


Ich erhoffte mir davon die Erkenntnisse, dass

→ ein guter Stil nicht von unzähligen Teilen abhängt

→ auch eine überschaubare Menge an Kleidungsstücken in abwechslungsreiche Outfits verwandelt werden kann

→ Minimalismus Zeit und Nerven spart

→ Minimalismus befreit (im übertragenen und wörtlichen Sinne)


Für welche Kleidungsstücke habe ich mich entschieden?

Ich hätte nicht gedacht, dass es mir so schwer fallen würde, mich für zehn Kleidungsstücke zu entscheiden. Nicht weil ich so unendlich viele Teile besitze, die uuuunbedingt zur engeren Auswahl gehören mussten, sondern weil ich kaum Teile besitze, die überhaupt in Frage kamen.

Nach einigem Hin und Her (bis zum endgültigen Startschuss der Challenge) habe ich diese zehn Kleidungsstücke ausgewählt:


→ eine Thermoleggings

→ ein dunkelroter Cardigan

→ ein cremefarbener Cardigan

→ ein schwarz-weiß-gemustertes Kleid

→ ein gepunktetes T-Shirt

→ ein gestreiftes T-Shirt

→ ein gestreiftes Langarmshirt

→ ein kurzer Rock

→ ein Paar Chelsea Boots

→ ein Trenchcoat


Wie war es, 10 Tage lang nur 10 Kleidungsstücke zu tragen?

Zunächst einmal ein „Funfact“: Eigentlich habe ich zehn Tage lang nur NEUN Kleidungsstücke getragen – der kurze Rock kam nämlich kein einziges Mal zum Einsatz. Dafür kombinierte ich das Kleid mit verschiedenen Strumpfhosen, die ja laut Regelwerk nicht als „offizielle“ Kleidungsstücke galten, aber trotzdem nochmal Abwechslung mit sich gebracht haben.

Was mir von Anfang an auffiel (und irgendwie auch klar war): Durch die Challenge machte ich mir augenblicklich weniger Gedanken über meine Garderobe. Outfits waren am Morgen schnell zusammengestellt und nichts, worüber ich mir den Kopf zerbrechen musste. Auch den Koffer für das Wochenende bei den Schwiegereltern hatte ich noch nie so schnell gepackt. Ein Umstand, an den ich mich gewöhnen könnte.

Dass das Thema Kleidung so stark in den Hintergrund rückte, hatte natürlich (wie zuvor schon erwartet) den Vorteil, dass mehr Platz für andere (wichtigere) Dinge in meinem Leben war. Aber ehrlich gesagt gehöre ich auch unabhängig von der #10x10challenge nicht zu den Menschen, die stundenlang vorm Kleiderschrank stehen und dort völlig eskalieren. Dennoch: Der „entlastende“ Effekt des Minimalismus war sofort spürbar und ziemlich erholsam.

Ein Aspekt, von dem ich mir irgendwie mehr erwartet hatte, war die Kombination der einzelnen Kleidungsstücke. Sicherlich kann man mit zehn verschiedenen Teilen schon allerhand anfangen – aber Leggings mit Langarmshirt, Leggings mit gestreiftem Shirt und Leggings mit Punkte-Shirt sind in meinen Augen wahrhaftig kein Feuerwerk der modischen Abwechslung.

10 Tage lang nur 10 verschiedene Kleidungsstücke tragen – eine minimalistische Garderobe auf Zeit

Um es auf den Punkt zu bringen: Meine Garderobe hat mich in den zehn Tagen der Challenge selbst ziemlich schnell ziemlich krass gelangweilt – ein Umstand, an dem auch der schwarze Minirock nichts geändert hätte. Irgendwie hatte ich mir (von den begrenzten Möglichkeiten und mir selbst) mehr Kreativität erhofft.

Dass ich so wenig kreative Outfits zusammenstellen konnte, hatte aber mit Sicherheit auch viel mit meiner Auswahl zu tun. Bei einem erneuten Versuch würde ich eventuell ein Shirt gegen eine Bluse tauschen und/oder einen der beiden Cardigans durch einen Blazer oder eine Blousonjacke ersetzen. Der Faktor Wetter hat hier einen recht großen Einfluss.

(Zu) Viele Kompromisse im Kleiderschrank

Das größte Learning, das die #10x10challenge für mich bereit hielt, offenbarte sich mir bereits bei der Wahl der Kleidungsstücke. Wie weiter oben bereits erwähnt, fiel es mir extrem schwer, zehn Kleidungsstücke zu finden, die ich für absolut geeignet hielt. Natürlich habe ich mich augenblicklich gefragt, woran das liegt.

Meine Erkenntnis: Mein Kleiderschrank ist voll von Kompromissen. Kleidungsstücke, die „eigentlich ganz in Ordnung“, aber nur selten echte Lieblinge sind. Hosen, die an den Knien ausbeulen, Shirts, die sich schlecht kombinieren lassen, Kleider, die irgendwie doch doof sitzen…

Durch die Challenge habe ich (endgültig) erkannt, dass ich früher häufig Kleidung gekauft habe, die mir gar nicht zu 100% gefällt – vermutlich aus „Angst“, nichts anderes besseres zu finden. Seien es Basics wie eine schlichte Jeans oder spezielle Sachen wie ein Kleid für die Hochzeit einer Freundin – so viele Stücke, die ich in meinem Kleiderschrank finde, sind zwar durchaus solide, doch so richtig vom Hocker hauen mich kaum welche. Ziemlich ernüchternd.

Von allen Kleidungsstücken, die ich bereits als halbherzige „Notkäufe“ identifizieren konnte, trenne ich mich inzwischen Stück für Stück. Der Großteil soll in neue Hände übergeben werden – denn nur, weil sie für mich nicht die perfekte Wahl waren, heißt das ja nicht, dass auch sonst niemand super-glücklich damit sein kann.

Für mich steht nun auf jeden Fall fest: Ich will zukünftig keine Kompromisse mehr in meinen Kleiderschrank einziehen lassen. Alles, was nun dazu kommt, sollen echte Lieblingsteile sein, die ich ohne großes Nachdenken für die #10x10challenge auswählen würde.

Ziemlich ambitioniertes Ziel, ich weiß…

Würde ich die #10x10challenge wiederholen?

Ja, auf jeden Fall! Allein schon, um herauszufinden, welche Teile in meinem Kleiderschrank ich wirklich liebe und welche doch nur unter die Kategorie „Kompromiss“ fallen.

Ich kann mir gut vorstellen, dass ein Durchgang von „10 Kleidungsstücke in 10 Tagen“ pro Jahreszeit durchaus sinnvoll und spannend ist – zum einen, um wirklich die komplette Garderobe auf den Prüfstand zu stellen und zum anderen, um vielleicht auch ein paar absolute Premium-Teile zu entdecken, die wahre Wetter-Allrounder sind.

Ganz schön privilegiert…

Als ich auf Instagram angeteasert habe, dass ich gerade an der #10x10challenge teilnehme und später darüber bloggen würde, erhielt ich ein paar interessierte Kommentare. Einer davon kam von meiner Freundin Celsy, die mir „ganz frech und krass den Blick auf die Privilegien“ aufzeigte.

Sie offentbarte: „Mein Kleiderschrank gibt gar nicht so viel mehr her.“ und machte mich damit einmal mehr darauf aufmerksam, dass viele Aspekte rund um Minimalismus und Nachhaltigkeit in der Tat eine Frage der Privilegien sind.

Selbstverständlich ist es ein absolutes Privileg, sagen zu können: „Ich wähle zehn Teile aus meinem proppevollen Kleiderschrank aus und erlaube mir mal den ‚Spaß‘, ausschließlich diese Stücke in den nächsten zehn Tagen zu tragen.“ Ich danke Celsy für ihren Impuls und möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass ich niemandem mit dieser Aktion vor den Kopf stoßen möchte.

Ich bin mir meiner privilegierten Situation bewusst und möchte ungern einen bewusst gewählten Lifestyle als „den heißen Shit“ propagieren, der für viele Menschen weder hip noch instagramable, sondern schlichtweg (unliebsamer) Alltag ist.

Es ist eine komplizierte Gratwanderung, die viele Gesichter hat – sei es der Verzicht auf Flugreisen, verpackungsfreies Einkaufen oder eben Minimalismus.

Mir kommt es letztlich „nur“ darauf an, mein eigenes Konsumverhalten zu hinterfragen, anzupassen und darüber zu berichten, um andere Menschen zu inspirieren. Sich dabei immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass man selbst die Wahl hat (und andere Menschen nicht), ist zwar ein unangenehmer Schritt in diesem Prozess, aber auch ein extrem entscheidender.

Lese-Tipp: Wenn du noch etwas tiefer in die „Check your privilege“-Materie einsteigen willst, dann empfehle ich dir diesen Artikel von „Mehr als Grünzeug“.

 

 

 

Kommentare

  1. Janett

    Das klingt wirklich spannend. Ich versuche mindestens 3 – 4 Mal im Jahr den Kleiderschrank auszusortieren und habe tatsächlich auch nur eine handvoll Lieblingsteile. Dennoch tue ich mich schwer mich von so einigen Sachen zu trennen. Vielleicht sollte ich das auch mal mit so einer Challenge versuchen. So habe ich manche Sachen bisher nur einmal getragen – eigentlich zu schade zum Wegwerfen. Was machst du mit aussortierten Sachen?

    1. Autor
      des Beitrages
      Jessi

      Hallo Janett,
      vielen Dank für deinen Kommentar 🙂 Ich kann dir nur empfehlen, es mal auszuprobieren.
      Aussortierte Sachen verkaufe ich größtenteils über Kleiderkreisel. Ich will demnächst aber auch mal recherchieren, ob es in Eisenach eine Stelle gibt, zu der man Kleidung für Bedürftige bringen kann.

      Liebe Grüße,
      Jessika

  2. Pingback: Monatslieblinge ♡ im Januar.

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