Zeitkapsel: Warum ich eine in unserem Haus versteckt habe und was drin ist

In einem Neubau untergebrachte Zeitkapsel

Ich erinnere mich an ein Erlebnis in meinem Elternhaus. Meine Familie hat renoviert und im Zuge dessen eine alte Kiste aus einer der Trockenbauwände, die weichen mussten, gezogen. Darin: Ein Brief, den mein Vater in den frühen 90er Jahren geschrieben hatte und in dem er über die Menschen berichtete, die zu diesem Zeitpunkt im Haus lebten. Damals war mir nicht bewusst, dass es sich bei der Kiste um eine Zeitkapsel handelte. Doch ich speicherte den Moment in meiner Erinnerung ab – gemeinsam mit dem Bedürfnis, auch irgendwann mal ein solches Dokument für die Nachwelt zu hinterlassen.

Letztens war es endlich soweit: Ich habe eine Zeitkapsel in unser zukünftiges Haus gebracht und der Freund hat sie gemeinsam mit pieksigem Dämmmaterial in den Zwischenraum einer Gipskartonwand gedrückt. Damit haben wir ein Stück unserer Gegenwart für die Zukunft konserviert.

Was ist eine Zeitkapsel?

Eine Zeitkapsel ist ein Gefäß, in dem unterschiedliche Dokumente und Gegenstände aus einer bestimmten Zeit aufbewahrt werden. Es ist jedoch nicht jederzeit zugänglich, sondern wird so aufbewahrt, dass es erst nach Ablauf einer bestimmten Zeit oder zufällig nach vielen Jahren wieder gefunden beziehungsweise geöffnet werden kann. Sie dienen dem „Zweck, zeittypische Dinge für nachfolgende Generationen zu bewahren und zu dokumentieren“ (Wikipedia).

Vielleicht kennst du das Prinzip der Zeitkapsel ja aus US-amerikanischen Filmen, in denen Teenies zum Beispiel in der Nacht ihres Highschool-Abschlussballs irgendwo eine Kiste mit Fotos und kleinen Erinnerungsstücken verbuddeln und Jahre später wieder ausgraben. Genau das ist das Grundprinzip einer Zeitkapsel.

Auf der Rückseite der Bilder habe ich kurz beschrieben, was zu sehen ist

Zeitkapseln werden häufig im Zusammenhang mit einem speziellen Ereignis befüllt und vergraben/versteckt/verschlossen – zum Beispiel zur Geburt oder Taufe eines neuen Erdenbürgers, zur Hochzeit oder – wie in unserem Fall – wenn ein neues Haus gebaut wird. Warum ich mich dagegen entschieden habe, die Zeitkapsel in der Bodenplatte mit eingießen zu lassen (das ist wohl relativ üblich), erkläre ich weiter unten.

Zeitkapsel-Ideen: Was steckt in unserer Zeitkapsel?

Was genau in eine Zeitkapsel gepackt wird, kann jede:r selbst entscheiden. In unserer befindet sich folgendes:

  • ein Brief (mehr dazu weiter unten)
  • der Richtspruch für unser Haus
  • Fotos von uns, vom alten Haus, vom Abriss und vom Neubau
  • die Grundrisse vom Haus
  • ein Bild, das meine Töchter gestaltet haben

Auch der Richtspruch für unser Haus ist in der Zeitkapsel gelandet

Nun, da die Zeitkapsel schon eingebaut ist, kam mir noch der Gedanke, dass eine Auflistung mit (politischen, gesellschaftlichen und kulturellen) Geshehnissen während der Bauphase spannend gewesen wäre. Doch dafür ist es jetzt zu spät.

Weitere Dokumente und Gegenstände, die gern in Zeitkapsel archiviert werden, sind:

  • einzelne Zeitungsartikel oder ganze Zeitungen
  • kleine zeittypische Gegenstände / Erinnerungsstücke
  • Tonträger (Schallplatten, Kassetten, CDs, …)
  • Kleingeld
  • Glücksbringer

Der Zeitkapsel-Brief: Was schreiben?

Der für mich wichtigste Bestandteil unserer Zeitkapsel ist der Brief, den ich ganz klassisch handschriftlich verfasst habe. Ich habe ihn an keine bestimmte Person adressiert, weder an mich und meinen Partner noch an unsere Kinder oder unbekannte Menschen, die irgendwann einmal in unserem Haus wohnen könnten.

Ich habe mir im Vorfeld gar keine Gedanken gemacht und einfach „drauf los“ geschrieben. Es floss quasi aus mir raus und am Ende war ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Der Brief, der nun in unserem Haus eingebaut ist, berichtet über uns:

  • wie der Freund und ich uns kennengelernt haben
  • was wir beruflich machen
  • wo wir zuvor gelebt haben
  • wann unsere Kinder auf die Welt kamen

aber auch über:

  • den Bauprozess und
  • beteiligte Menschen/Firmen
  • das Haus, das vorher an dieser Stelle stand und
  • die Menschen, die darin lebten.

Unser Zeitkapsel-Brief: Handschriftlich und persönlich

Wie schon erwähnt, hätte ich es auch spannend gefunden, über Geschehnisse zu berichten, die während der Bauphase passiert sind, doch dieser Einfall kam mir leider zu spät.

Grundsätzlich muss der Zeitkapsel-Brief gar kein literarisches Meisterwerk und auch kein historisches Dokument von unschätzbarer Relevanz sein. Letztlich ist es die mehr oder weniger nüchterne Betrachtung und Beschreibung eines Ist-Zustandes, das Festhalten eines Momentums. Scheinbare Banalitäten, kleine Anekdoten und persönliche Geheimnisse haben darin nicht nur eine Daseinsberechtigung, sondern sollten elementarer Bestandteil des Dokuments sein.

Wo kann man die Zeitkapsel unterbringen?

Es gibt ganz unterschiedliche Möglichkeiten, eine Zeitkapsel zu verstecken und der Nachwelt mehr oder weniger leicht zugänglich zu machen. Ein paar davon habe ich bereits in diesem Artikel erwähnt, andere noch nicht:

  • vergraben, beispielsweise im eigenen Garten
  • in der Bodenplatte eines Hauses eingießen lassen / Grundsteinlegung
  • im Kirchturmknopf (Kugel an einer Kirchturmspitze)
  • als Flaschenpost
  • als verschicktes Paket an sich selbst

In dieser Trockenbauwand ist unsere Zeitkapsel verschwunden

Wir haben uns für die Variante entschieden, die Zeitkapsel in einer Trockenbauwand einzubauen – und zwar aus diesem Grund: Ich wollte einerseits, dass die Zeitkapsel fest mit dem Haus verbunden ist (also beispielsweise nicht einfach auf dem Dachboden deponiert oder im Garten verbuddelt wird) und andererseits nicht erst in hunderten von Jahren wieder gefunden wird. Darum haben wir uns gegen die Option Bodenplatte entschieden.

Die Trockenbauwand hat den Vorteil, dass sie zwar in den kommenden Jahren oder Jahrzehnten vermutlich nicht angetastet, irgendwann aber vielleicht doch wieder abgerissen wird, um das Haus umzugestalten. Sie stellte für mich den perfekten Kompromiss dar.

By the way: Spotify hat kürzlich ein neues Feature mit dem Namen „Playlist in a bottle“ gelauncht. Die Idee dahinter ist eine Art musikalische Zeitkapsel, die die Plattform ein Jahr lang für dich „verschließt“ und im Januar 2024 wieder öffnet. Dann erst kannst du dir die Playlist anhören.

Was ist das passende Zeitkapsel-Gefäß?

Je nachdem, wo die Zeitkapsel platziert wird, muss das Gefäß natürlich einiges abkönnen. Stoßfest, wasser- und luftdicht sind gute Grundvoraussetzungen dafür, dass der Inhalt deiner Zeitkapsel auch nach Jahrzehnten noch gut erhalten bleibt und den Menschen, die sie finden, etwas über die Vergangenheit erzählen können.

Ich habe mir recht lange Gedanken darüber gemacht, wie genau unsere Zeitkapsel aussehen soll beziehungsweise worin ich die Dokumente für die Nachwelt aufbewahren möchte.

Unsere Zeitkapsel ist eine schlichte Kunststoffdose mit Deckel, die ich zum Schutz vor eventueller Feuchtigkeit zusätzlich in eine Plastiktüte mit Clip gepackt habe. Langlebigkeit schlägt hier eindeutig den Nachhaltigkeitsaspekt.

Funktional und langlebig sollte unsere Zeitkapsel sein

Hätte ich die Zeitkapsel beispielsweise im Garten vergraben oder in die Bodenplatte eingießen lassen, hätte ich mich definitiv für eine andere Art der Aufbewahrung entschieden – beispielsweise für eine „professionelle“ Zeitkapsel aus Edelstahl, die du online bestellen kannst

Die Bedeutung der Zeitkapsel für mich

Wie ich am Anfang des Artikels schon erwähnt habe, verbinde ich mit der Zeitkapsel eine recht persönliche Erinnerung. Seit wir die alte Zeitkapsel in meinem Elternhaus entdeckt haben, gefällt mir der Gedanke, auch irgendwann einmal etwas für spätere Generationen zu hinterlassen und somit etwas zu schaffen, was bleibt. Wenn ich so über die Bedeutung einer Zeitkapsel für mich nachdenke, schwingt auch ein bisschen der Wunsch, nicht vergessen zu werden, mit.
Noch wichtiger als das ist mir jedoch, eine allgemeine Momentaufnahme zu schaffen und diese zu konservieren. Es geht mir dabei weniger um mich als Einzelperson, sondern mehr um den Lebensabschnitt, den wir gerade durchlaufen. Wir, das sind der Freund, unsere beiden Töchter und ich. Und der Lebensabschnitt, das ist der Bau unseres Hauses, aber auch die Zeit davor, als wir ein Grundstück samt altem 50er Jahre-DDR-Häuschen gekauft haben.

Vor allem viiiieeele Fotos bilden den Inhalt unserer Zeitkapsel

Das Häuschen wurde aus diversen Gründen abgerissen. Auch wenn ich völlig fein mit dieser Entscheidung bin, war es mir ein Bedürfnis, ihm in gewisser Form ein Denkmal zu setzen und daran zu erinnern, dass es existiert hat. Dass es Menschen ein Zuhause geboten hat. Dass es in einer Zeit erbaut wurde, in der einfach alles knapp war und doch jahrzehntelang Bestand hatte.
Es mag vielleicht nostalgisch und romantisierend wirken, doch irgendwie gibt mir die Zeitkapsel das Gefühl, sowohl dem alten Haus als auch dem neuen eine gewisse Ehre zu erweisen – und das finde ich einfach schön.