5 Fehler, die ich im Laufe meiner Selbstständigkeit schon gemacht habe

Vor fast sechs Jahren habe ich entschieden, mich direkt nach meinem Studium selbstständig zu machen. Ich habe bereits hier darüber geschrieben, dass mein Berufseinstieg damals einer Arschbombe ins eiskalte Wasser glich und ich das „Abenteuer Selbstständigkeit“ reichlich unvorbereitet angetreten habe. Dass Fehler dabei vorprogrammiert waren, liegt quasi auf der Hand. Ich will mich mit diesen keinesfalls brüsten – aber ich möchte dir mit diesem Beitrag klar machen: Auch bei mir lief und läuft nicht immer alles glatt. Ganz im Gegenteil: Neben kleinen Fauxpas gibt es in meiner Vita auch waschechte Fehltritte – und das ist okay. Immerhin habe ich eine Menge aus ihnen gelernt.

Eine Sache noch, bevor es los geht: Wir alle definieren Fehler ganz unterschiedlich. Was ich hier als „Fehltritt“ deklariere, ist für dich vielleicht nicht der Rede wert. Und anders herum: Was in deinen Augen fast schon einer Todsünde gleicht, ist aus meiner Sicht unter Umständen nur eine kleine Lappalie. Wir sollten hier also keinesfalls die gleichen Maßstäbe ansetzen, sondern jedem und jeder seine/ihre Definition von Fehlern zugestehen.

Fehler #1: Viel zu viele Visitenkarten

Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, als ich meinen Eltern zum ersten Mal Visitenkarten mit meinem Namen drauf präsentierte. Stolz wie Oskar war ich damals – immerhin bedeuteten Visitenkarten in meiner Wahrnehmung, dass meine Selbstständigkeit nun wirklich real war. Sie war plötzlich – in Form der quadratischen Kärtchen mit den abgerundeten Ecken und dieser unfassbar schönen Haptik – greifbar, vorzeigbar, verteilbar. (O-Ton mein Vater: „Die sehen ja aus wie Bierdeckel!“)

Was ich zu jenem Zeitpunkt allerdings nicht wusste: Sie waren völlig nutzlos. 

Versteh mich nicht falsch, natürlich habe ich hie und da mal ein Kärtchen verteilt. Doch ganz unter uns: Im Endeffekt war es sinnlos, 50 Stück davon drucken zu lassen. Die Zeit, in der Businesscards wie Fußballer-Sammelkarten getauscht wurden, ist durch. Wer sich mit mir vernetzen will, kann mich bei LinkedIn kontaktieren oder meinen Namen ganz einfach im Smartphone notieren.

Doch als hätte ich beim ersten Anlauf nicht schon genug Lehrgeld gezahlt (ja, Visitenkarten kosten – gerade online bestellt – nicht die Welt, aber es ist trotzdem eine Ausgabe…), versuchte ich es erneut – und bestellte abermals viel zu viele Karten, von denen ich maximal zehn unter die Menschheit brachte.

Nach meinem Umzug von Erfurt nach Eisenach war schließlich klar: Noch einmal passiert mir das nicht! Ich überlegte, ob (und wie!) Visitenkarten auch „in nachhaltig“ funktionieren und entschied mich für diese Variante, mit der ich bis zum heutigen Tag sehr happy bin.

Hätte ich die Idee mal schon eher gehabt. Hätte, hätte… 

Fehler #2 Nicht auf mein Bauchgefühl gehört, als es nötig war

Wie wichtig Intention im Berufsleben ist – darüber scheiden sich nach wie vor die Geister. Ich bin eine leidenschaftliche Verfechterin des Bauchgefühls und weiß mein eigenes mittlerweile sehr zu schätzen. Das bedeutet: Ich höre bei ausnahmslos jeder Entscheidung nicht nur auf meine rationalen Überlegungen, sondern auch darauf, was mein Bauch dazu zu sagen hat.

Dass ich mittlerweile so kompromisslos bin, wenn es um mein Bauchgefühl geht. liegt an einer konkreten Situation, in der ich es – du kannst es dir sicher denken – missachtet habe.

Es ging damals um einen wichtigen Kunden, der mich gut mit Aufträgen versorgte. Ich schrieb wie eine Wahnsinnige für ihn – obwohl mir meine Intention gesagt hatte, dass irgendetwas mit dem Typ nicht stimmt.

Statt meinem Bauchgefühl Gehör zu schenken, ignorierte ich es – genauso wie den Umstand, dass der Kunde plötzlich keine Rechnungen mehr zahlte.

Long story short: Er ging insolvent und trotz endloser Mahnverfahren sitze ich auch heute noch auf einem kleinen vierstelligen Betrag, den er mir schuldet. Ob ich das Geld jemals (komplett) sehen werde, ist fragwürdig.

Hätte ich damals mal lieber auf mein Bauchgefühl gehört anstatt mich von der scheinbar lukrativen Auftragslage blenden zu lassen. Hätte, hätte… 

Fehler #3 Erst E-Book, dann Buch

Als mir die Idee kam, mein geballtes Texterinnen-Wissen zu bündeln, um es an andere weiterzugeben, war mir sofort klar, dass ich dies in Form von einem E-Book machen möchte. Flexibel, ressourcenschonend, günstig – die Vorteile von einem digitalen Produkt lagen für mich klar auf der Hand und so machte ich mich voller Motivation ans Werk.

Nachdem mein E-Book fertig war und ich mit dem Verkauf startet, wurde mir jedoch recht schnell klar: Reißender Absatz sieht anders aus. Ich fing an, Ursachenforschung zu betreiben und fand ziemlich schnell heraus: Das Thema interessiert meine Community grundsätzlich schon – nur das Medium war nicht ganz nach ihrem Geschmack. Erstaunlich viele wünschten sich ein „richtiges“ Buch – eins zum Anfassen, Notizen drin machen und Post-Its reinkleben.

Ich konnte diesen Wunsch sofort nachvollziehen – bin ich doch selbst auch ein „Buch-Mensch“, der die Vorzüge des gedruckten Wortes durchaus zu schätzen weiß.

Umso mehr ärgerte ich mich, als ich mich fragte, warum ich das Projekt nicht von Anfang darauf ausgerichtet habe, eine Buch zu veröffentlichen.

Die Antwort war mir schnell klar: Ich hatte keine Lust auf den zusätzlichen Aufwand und die zusätzlichen Kosten. Die zusätzlichen Einnahmen ließ ich bei dieser Überlegung gekonnt außen vor – düdümm.

Dass ich nur zwei Monate nach dem E-Book-Launch auch mein gedrucktes Buch in den Händen halten konnte, macht mich inzwischen ziemlich stolz – es ist ja definitiv keine Selbstverständlichkeit.

Warum ich meine Entscheidung trotzdem als Fehler betrachte? Nun, hätte ich von Anfang an an einem Buch (und nicht an einem E-Book) gearbeitet, hätte ich manche Dinge garantiert anders gemacht. Hätte, hätte… 

Lese-Tipp: Wenn du noch mehr über den Entstehungsprozess von meinem Buch/E-Book erfahren möchtest, kannst du dir diesen Erfahrungsbericht und diesen Text für Thüringen bloggt durchlesen.

Buch Freelance-Texter:in werden - Von den Grundlagen bis zum Fachwissen

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Beim Lesen erfährst du nicht nur, ob du grundsätzlich für eine Tätigkeit als Texter:in geeignet bist und wie du eine Freiberuflichkeit anmeldest, sondern u. a. auch, wie du deine Buchhaltung organisieren, Kund:innen gewinnen und gutes Marketing betreiben kannst. 

Fehler #4: Keine Kleinunternehmerregelung im ersten Jahr genutzt

Dass ich mich so Hals über Kopf selbstständig gemacht habe, hatte zur Folge, dass ich quasi von nichts eine Ahnung hatte. Learning by doing – so hieß meine (nicht besonders kreative) Devise.

Grundsätzlich kein schlechter Ansatz, doch rückblickend betrachtet, hätte ich manche Sachen doch gern etwas anders gemacht.

Die Kleinunternehmerregelung und die damit vereinfachte Buchhaltung beispielsweise hätte mir eine Menge Nerven gespart, die ich an anderen Stellen gebraucht hätte. Aber merkst du was? Hätte, hätte… 

Fehler #5: Lange Zeit gedacht, ich könnte alles allein machen

Ich habe das Gefühl, hierbei handelt es sich um einen echten Klassiker, von dem vor allem frischgebackene Freelancer:innen betroffen sind. Ich war es auf jeden Fall und kann rückblickend nur mit dem Kopf schütteln, wenn ich an so manche Entscheidung denke.

Der Gedanke, ich könne nahezu alles im Alleingang wuppen, hat mich eine ziemlich lange Zeit begleitet. Webseite, Business-Fotos, Projekt-Recherchen – in meiner Wahrnehmung war ich ein Multitalent, das wie durch ein Wunder ALLES perfekt konnte (haha!) und auf gar keinen Fall externe Hilfe brauchte. Wie blauäugig ich doch war.

Vergleiche ich meine Webseite und Business-Fotos von damals mit den Pendants von heute, muss ich ganz klar zugeben: Ich war meilenweit entfernt von Multitalent und hätte mich lieber von Anfang an auf meine Kernkompetenzen fokussieren sollen.

Klar: Hilfe von außerhalb in Anspruch zu nehmen ist immer auch eine Frage des Geldes und gerade in der Anfangszeit können es sich viele Selbstständige einfach nicht leisten, bestimmte Aufgaben auszulagern.

Meine Learnings zum Thema Outsourcing können dich aber vielleicht trotzdem davon überzeugen:

  1.  Wenn ich für meine Fachexpertise entlohnt werden will, muss ich auch bereit sein, andere für ihre zu bezahlen (#mindset).
  2.  Man kann professionelle von unprofessioneller Arbeit sehr schnell unterscheiden.
  3.  Investitionen zahlen sich in der Regel aus (z. B. in Form von neuen Kund:innen).
  4.  In der Zeit, in der  sich andere um mein „Rund-herum-Business“ kümmern, kann ich mich auf mein Kerngeschäft konzentrieren (und Geld verdienen).

Ich bin extrem dankbar für all die externe Unterstützung, die ich mittlerweile in Anspruch genommen habe und bereue kein einziges Mal. Ganz im Gegenteil: Aus jetziger Sicht hätte ich schon viel eher umdenken müssen – es hätte mir einiges an Arbeit gespart. Hätte, hätte… 


„Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.“ – Henry Ford

Oder anders formuliert: Wenn du im Leben vorankommen möchtest, dann musst du damit rechnen, hin und wieder auch Fehler zu machen. Das kann schmerzhaft sein – aber eben auch extrem lehrreich.

Wichtig ist am Ende, dass du eine positive Einstellung zu deinen Fehlern hast und bereit bist, auch das Gute in ihnen zu sehen. Und so beende ich diesen Beitrag mit dem wohl ausgenudeldsten Sprichwort aller Zeiten:

Aus Fehlern lernt man.